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siehe www.idafehn.de

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Wittensand; KruseKalkbrennen.

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Inhalt
Grußworte Zum Geleit
I.    Die allerersten Schritte der SPD in Ostfriesland
II.   Die SPD vor 1933
III.   l. Die Gründung des SPD-Ortsvereins Ostrhauderfehn 1946
       2. Die Bürgermeister
IV.   Die Wiederbelebung des SPD-Ortsvereins Idafehn 1971 ?
V.   Anhang
1.    Das Reichsbanner
2.    Die Eiserne Front
3.    Die Jugendgruppen
- Das Jungbanner
- Die Sozialistische Arbeiter-Jugend
4.    Frauen in der SPD
5.    133 Jahre SPD in Deutschland - Ein kurzer, kritischer Abriß der Parteigeschichte
6.     Streiflichter
7.    Vorsitzende der beiden Ortsvereine
8.    SPD-Ratsmitglieder seit 1946
9. Zeitdokumente (Fotos, Wahlprospekte, etc.)
Stichwortverzeichnis
Bildnachweis
Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis
Arbeitsamt; Arbeiterverein; Arbeiterwohlfahrt; Augustfehn; Backs, Hermann; Beschlagnahmung;  Brandt, Willy; Bürgermeister; Ebert, Friedrich; Eiserne Front; Erwerbslosenversammlung; Ferdinand, Rudolf; Frauen; Gebietsänderungsvertrag; Gebietsreform; Gewerkschaft; Groeneveld, Friedrich; Gumperts, Hermann; Heyer, Johannes; Hoffmanns Rote Sänger; Holtermoorer Rat; Hug, Paul; Jugend; Klock, Eiko; Kommunalwahl 1946; Krektion; Kriegsende; Langholter Gemeinderat; Lassalle, Ferdinand; Litmathe, Gerd; Maiumkundgebung; Noormann, Karl;  Pistoor, Alfred; Radfahrerverein; Ratsmitglieder; Reichsbanner: - Bannerweihe, - Gründung, - Idafehner Ortsgruppe Senioren; Siefkes, Wilhelmine; Sozialdemokratie: - Anfänge in Ostfriesland, - Jahres- hauptversammlung, - Ortsverein Idafehn, - Ortsverein Ostrhauderfehn, - Gründung vor 1933, - Mitgliedskarte, - Vorsitzende, - Urspungsort Wilhelmshaven; Spielplatz "Krempelchen"; Straßeneinweihung; Sozialistische Arbeiter-Jugend;  Tempel, Hermann; Verfolgung; Versammlungsstörversuche; Volksbote; Wahlkampf; Werbeumzüge; Wiederaufbau; Wilms, Hinrich; Zeitungen; Zeittafel/Streiflichter; Zuidema, Jan

Idafehntjer Bewerber

Über den Wahlausgang lese man nach unter http://ga-online.de

Manfred Baumfalk, Frank Ahrens, Heike Hackmann, Siegfried Kruse, Andre Memmen, Gerold Busboom    und  Elke Grünefeld kandidieren in Ostrhauderfehn für den Gemeinderat. GA-Leserfoto

Parteilose halten zusammen

 Einzelbewerber in Ostrhauderfehn mit gemeinsamem Ziel

OSTRHAUDERFEHN.   Als Einzelkandidaten für den Gemeinderat Ostrhauderfehn haben sich Frank Ahrens, Manfred Baumfalk, Gerold Busboom, Elke Grünefeld, Heike Hackmann, Siegfried Kruse und Andre Memmen zusammengeschlossen, um gemeinsame Ziele in der Zukunft durchzusetzen. Sie seien völlig unabhängig und unterlägen keinen Parteizwängen, heißt es in einer Presseerklärung.

   Manfred Baumfalk ist zudem Kandidat für das Bürgermeisteramt. Die junge Gemeinschaft zwischen 29 und 46 Jahren ist in vielen  Vereinen und Institutionen ehrenamtlich tätig. Eines ihrer Ziele für die nächsten fünf Jahre ist unter anderem, die Grundschule in Idafehn zu erweitern und mit Unterrichtsmaterialien auszustatten, daß sie dem Standard  anderer Schulen entspricht. Neben einer Haupt- und Realschule sollte langfristig auch ein Gymnasium in der Gemeinde geschaffen werden. Kinderspiel- und Bolzplätze sowie Sportanlagen in allen Ortsteilen sollen ebenso angelegt werden wie eine zentrale Skateranlage und ein Internetcafe.  Etwas  unternehmen möchten die sieben Kandidaten auch für ältere Mitbürger. Durch Seniorenwohnanlagen, betreutes Wohnen und Pflegeheime solle ermöglicht werden, dass Ältere im Kreise ihrer gewohnten Umgebung bleiben könnten.

   "Damit die Jugend auch in Zukunft noch die Chance hat, in vertrauter Umgebung zu bauen",  schreiben die Kandidaten, sei ein behutsamer Ausbau weiterer Baugebiete eine Aufgabe. Neben der Sanierung des Naherho- lungsgebietes Idasee, sei ein weiteres Ziel, Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen zu fördern. Auch die Angebote an der Fehnroute sollten verbessert werden.

   Nachzudenken sei unter anderem über ein Heuhotel. In der Verwaltung müsse eine Anlaufstelle für ratsuchende Bürger eingerichtet werden. Auch sollten die Öffnungszeiten dort bürgerfreundlicher gestaltet werden.

    Weitere Schwerpunkte sind die Einrichtung von Kinderhorten in allen Ortsteilen und der Aufbau einer Jugend- begegnungsstätte. -edb

Zu diesem Foto habe ich gar keinen Text - warum nicht?

Strücklingen (früher: Utende) Unter recht bescheidenen Ver- hältnissen lebten die meisten Menschen um 1900 im Saterland. Das Haus von Ahlarich Kruse und seiner Familie stand dort, wo sich heute der Gasthoff Kallage in Strücklingen befindet. Es hatte, im Vergleich zu anderen, schon stattlich Ausmaße. Die Wände waren zwar noch aus Holz ge- baut, doch Teile des Daches waren bereits mit Ziegeln ein- gedeckt. Nur wenigen Siedlern war es zu damaliger Zeit möglich, ihr Haus aus  Steinen zu bauen. GA-Foto: Archiv (GA v. 8.7.2000) (Vergleiche dazu den Idafehn-Band II von Groeneveld/Heinze, siehe www.michaeltillheinze.de unter “Publikationen”)

Seit 25 Jahren ist Siegfried Kruse aus Idafehn (links) Mitarbeiter der Gemeinde Barßel. Zum Jubiläum sprach Bürgermeister Johannes Budde seinen Glückwunsch aus und überreichte eine Ehrenurkunde. Kruse ist zudem seit mehr als zehn Jahren im Personalrat der Gemeinde tätig. Foto: Passmann (GA v. 20.10.2000)

Anwohner aus der 2. Südwieke beim Brennen von Muschelkalk zeigt diese Aufnahme.

(Auch abgebildet in den Anker-Apotheken-Kalendern 1982, Juni-Blatt, und 1998, Oktober-Blatt: Muschelkalk-Brennen in der 2. Südwieke bei Freerk Pommer, etwa um 1910;siehe www.rhaude.de/umland/westrhauderfehn/kalender.htm ).

Zu dem Bilde, das  Anwohner der 2. Südwieke in einer Arbeitspause beim Vorbereiten zum Kalkbrennen zeigt, entnehmen wir der Jahresarbeit von Hans-Hermann Pollmann, Westrhauderfehn, folgende Schilderung: “Im Laufe der Jahrzehnte war die Landstelle von Gerhard Janssen abge-torft. Da seine Kinder inzwischen größer wurden, konnte er daran gehen, eine neue Moorstelle zu erwerben. Er kaufte eine etwa fünf Hektar große Landstelle in der dritten Südwieke. Der  Vorrat an Torf auf dieser Stelle würde für sein ganzes Leben und das seiner Kinder reichen. Bald wurde auf dem Kolonat mit dem Torfgraben begonnen.- Sobald der Torf getrocknet und vom Felde abgefahren war, wurde das  Land mit Hacke und Spaten bearbeitet. Dann wurde der Boden mit Stalldünger und Schlick gedüngt, den Schiffer Janssen von den Deichbauern mitbrachte.- Einmal im Jahr brannte man Kalk, den der saure Moorboden benötigte. Den Kalk gewann man auf folgende Art und Weise: - In einem Quadrat von etwa drei Metern wurden drei Lagen weißer Torf aufeinandergeschichtet und darauf eine Schicht Muschelkalk gebracht. Dann wurde die nächste Lage Torf  gestapelt und wieder Muschelkalk darauf geschüttet. Rund zehn Schichten hoch baute man den Tort-Muschelhaufen, der dann unten angezündet wurde. Manchmal brannte dies Feuer eine ganze Woche lang, bis 8er Haufen zu Asche  und Kalk wurde. Dieses in mühseliger Arbeit gewonnene Gemisch aus Asche und Kalk wurde dann auf das Land gestreut." - Alte Fehntjer können sich noch an die schwere Arbeit des Kalkbrennens erinnern. Die ganze  Nachbarschaft half mit, wenn diese Arbeit wieder anstand.- Auf unserem Bild stehen von links nach rechts Swantje Fennen, Anna Park, die Zwillinge Trientje ter Veen geb. Krawinkel und Etta Pollmann geb. Krawinkel,  Johanne de Wall geb. Deichmann, Friedrich Pommer, die Gebrüder Meyer, Jürgen Krone.- Die Aufnahme entstand etwa 1910 zwischen der 2. und 3. Südwieke auf der Besitzung Krone.Zur Verfügung gestellt von Erich de Wall, Westrhanderfehn

Gebrannter Muschelkalk fand beim Hausbau Verwendung. In einer Statistik aus dem Jahre 1852, in der die in Westrhauderfehn ansässigen Gewerbetreibenden aufgeführt sind, werden auch zwei "Kalkbrenner" genannt. - Die dazu benötigten Muscheln - der sogenannte Schill - wurde vielfach von den Fehnschiffern auf den Muschelbänken im Wattenmeer gewonnen und zum Fehn transportiert. Die Gewinnung der Muscheln war harte Knochenarbeit, die außerdem viel Zeit erforderte, da  die Muschelschalen nur im trockengefallenen Watt, also zur Ebbezeit, gewonnen werden konnten. - Zum Brennen wurde der Schill jeweils zwischen mehreren Lagen Weißtorf gepackt, der dann später angezündet wurde. Manchmal  dauerte es eine Woche, bis dieser zumeist zehn Schichten hohe Haufen ausgebrannt war. Der so gewonnene Kalk wurde aber auch zur Verbesserung des kultivierten aber immer noch sauren Moorbodens benutzt. (Aus: Bruno Ewen, Rhauderfehn in alter Zeit,  Rhauderfehn 1982, S. 48:)

siehe auch Klostermoor

Bei diesem Mauerwerk wurde - deutlich zu sehen - auch Muschelkalk zum verfugen benutzt. Hin und wieder sind  kleine Muschelstücke erkennbar, die den Kalkbrand im Schillfeuer überstanden.

Dieser Kalkofen in Esens am Falkenham- merweg dürfte wohl das letzte Bauwerk Ostfries- lands sein, das an die Gewinnung von  Kalk aus Muschelschalen erinnert. Die Anlage ist nicht mehr in Betrieb.

Schill - Alter Baustoff neu entdeckt

 Text und Fotos von Hanne Klöver

 (Abgedruckt im Ostfriesland-Magazin Nr. 10/2000, S. 110ff)

   Schillfeuer - noch bis  zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein vertrauter Anblick in Ostfriesland. Die Verarbeitung von Muscheln zu Muschelkalk war hierzulande eine der Grundvoraussetzungen für den traditionellen Klinker- und Backstein-Hausbau. Heutzutage entdecken Baufirmen den alten Werkstoff neu. Er wird zur Restaurierung von alten Gemäuern eingesetzt.

   Wer über den Vorplatz der reformierten Kirche in Hinte spaziert, bekommt die  Jahrhunderte alte Bautradition sofort zu spüren. Unter den Füßen knirscht und knackt es - Muschelschalen zerspringen. Rund um den Kirchenbau aus dem späten 15. Jahrhundert und auch am Glockenturm daneben (13.  Jahrhundert) liegen Herzmuscheln. Der maritime Bodenbelag soll gegen Unkrautbewuchs helfen.

   Aus Muscheln wurde einst ein wertvoller Baustoff gewonnen. Wer mit den Augen das alte Kirchengemäuer  in Hinte abtastet, der entdeckt nämlich: Hier wurde nicht Mörtel aus Steinkalk verarbeitet, sondern Muschelkalk in die Fugen eingearbeitet. Hin und wieder sind noch Reste kleiner Muschelstücke erkennbar, die den Kalkbrand im Schillfeuer überstanden.

   So entschloss sich der Kirchenrat in Hinte, bei der jetzt anstehenden Sanierung des Gebäudes wieder auf den historischen Baustoff zurückzugreifen. Die Firma Heikens & Wilts aus Soltborg ist einer der wenigen Betriebe, die sich auf die Sanierung alter Gemäuer mit Muschelkalk spezialisiert haben. Die Firma bezieht den Muschelkalk von einem Bremer Baustoffunternehmen. "In Ostfriesland wird die Ware nicht mehr hergestellt", bedauert Firmenchef Wilfried Heikens.

   Der aus Muscheln gewonnene Kalk wurde Schill, Nünen oder Schenelke  genannt. Ausgrabungen auf dem Klostergelände Ihlow weisen Schill bereits als Baustoff zu Beginn des 13. Jahrhunderts nach. Auch aus späteren Jahrhunderten ist bekannt, daß Schill regelmäßig zur Sanierung der Kirchenmauern gebrannt wurde. Die Heimatforscherin Lore Schnettler etwa fand in Westerbur in den Kirchenrechnungsbüchern des 17. Jahrhunderts Quittungsbelege über das "heilige Schillfeuer". Es brannte auf den Kirchenländereien, wenn Kalk für den Bau oder die Ausbesserung einer Kirche benötigt wurde.

   Bald kam Kalk aus Muscheln auch beim herkömmlichen Hausbau zum Einsatz. Friedrich Arends berichtet in der "Erdbeschreibung des Fürstentums Ostfriesland und des Harlingerlandes", daß es im Jahr 1823 hierzulande 60 Kalkbrennereien gab. Der Rohstoff wurden durch das "Schillbögeln" gewonnen. Dabei wurden die Muscheln offenbar mit einer Art Käscher aus dem Meer geholt, wie auf einer Zeichnung von Poppe Folkerts zu sehen ist.

   In der Firmenchronik der Leeraner Firma Connemann wird noch eine andere Technik beschrieben. Die Muscheln wurden während der Ebbezeit in große, flache, hölzerne Karren geschaufelt, deren Boden aus einem Siedegewebe bestand. Sie wurden anschließend in die Brandung geschoben und dadurch sandfrei gespült, dann in Schiffe umgeladen und nach Leer und in die angrenzenden Moordörfer gebracht.

   Meist erledigten Fehnschiffer den Transport. Sie lieferten Torf auf die Inseln und nahmen Schill mit zurück als Ladung. Diesen lieferten sie an einzelne Abnehmer auf den Fehnen, die dort Schillöfen betrieben, denn mittlerweile verwendeten die Menschen Schill auch für den herkömmlichen Hausbau. Der Rohstoff wurde aber auch in das Groningerland und nach Hamburg verschifft.

   Auch Frauen arbeiteten bei der Schillgewinnung. Das ist in einem Roman von Sophie Fastenau nachzulesen, der auf einer alten  Pfarrchronik des 18. Jahrhunderts fußt. Sobald Ebbe war, schaufelten sie die Muscheln mit etwa 30 bis 45 Zentimeter breiten Forken in geflochtene Körbe. Anschließend reinigten sie den mit Sand behafteten Rohstoff mit Wasser aus den Prielen.

   Im Heimatmuseum Dykhus auf Borkum wird eine Zeichnung aufbewahrt, die eine Frau mit Muschelkörben am Strand zeigt. Die Methode vom Schiff aus war aber offenbar effektiver, denn um die Mitte des 18. Jahrhunderts war ein Fischer in der Lage, während einer einzigen Tide bis zu 30 Tonnen Muscheln zu holen. Die ostfriesische Gesamtproduktion belief sich in den Jahren 1740 bis 1766 auf 2100 Last, was etwa 4200 Tonnen waren. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts wurden jährlich bis zu 31.500 Tonnen gewonnen.

   Allerdings: Die Behörden verboten den Schillabbau immer wieder. Die an der Nordsee abgegrabenen Muschelbänke veränderten das Strömungsverhalten des Meeres, was den Bestand der Inseln gefährdete. Hermann Soeke Bakker berichtet in einem Aufsatz, daß im Jahr 1797 gar ein mit vier Kanonen bestücktes Wachtschiff vor den Inseln positioniert wurde, um die Einhaltung dieses Verbots zu überwachen.

   Doch die Küstenbewohner wollten von dieser einträglichen Einkommensquelle nicht lassen, zumal die Nachfrage aus dem Binnenland immer größer wurde. Im Jahr 1855 hatte die Firma Connemann in Leer ein Fabrikgrundstück an der Mühlenstraße 38 erworben, wo mit Kalköfen des Kalkbrenners Stael gearbeitet wurde.

   Später im Jahr 1895 nahm die Firma als erste deutsche Fabrik eine Muschelkalkmühle in Betrieb. Die Seemuscheln wurden zu Hühnerfutter vermahlen, um Kalk zur Bildung der Eierschale zu bekommen.  Die immer größere Nachfrage nach Muscheln führte seit dem Jahr 1920 dazu, dass Schiffsbagger den Rohstoff hoben. Die Firma Meyer und Poppe etwa erledigte diese Arbeit von Varel aus. Beliebt war der Muschelkalk übrigens  auch als Dünger in Gärtnereien und in der Landwirtschaft.

   Noch um 1950 war in Bensersiel ein Turmofen zum Brennen von Schill im Einsatz. In Esens am Falkhammerweg steht heute der wohl letzte  Schillbrandofen Ostfrieslands überhaupt. Der an eine überdimensionale Teedose erinnernde Bau steht inmitten eines Neubaugebietes. Ein etwas eigentümlicher Anblick, doch ein kulturgeschichtliches Denkmal Ostfrieslands  ist erhalten geblieben.

   In früheren Zeiten waren generell primitivere Modelle im Einsatz. Wie ein einfacher Schillofen betrieben wurde, darüber gibt es einen Bericht aus Idafehn von Ludwig Nannen: "Die Anlage zum Kalkbrennen bestand im Wesentlichen aus einer runden Schutzmauer von zirka 1,50 Meter Höhe, die nach einer Seite hin geöffnet war. Bevor man mit dem Einfüllen von Torf und Schill begann,  wurde in der Mitte des Innenraums der 'Schornstein' gebaut, der aus losen Torfsoden bestand und während der Beschickung langsam mit hochgestapelt wurde. Zum Kalkbrennen wurden große Mengen Brenntorf benötigt, allerdings nicht die besten Sorten, sondern der minderwertige Splinttorf.

   Die Einfüllung erfolgte schichtweise,  angefangen mit einer dicken Lage Torf, darauf eine Lage Schill, und dann Schicht um Schicht bis zum oberen Rand der Mauer. Dann erhielt das Ganze noch einen Aufbau, der sich bis zur Spitze treppenartig verjüngte. Jetzt war die Anlage soweit hergerichtet, daß der Ofen angezündet werden konnte. Dies geschah, indem man einen Behälter mit glühenden Kohlen von oben in den 'Schornstein' schüttete.

   Bis zu zwölf Tage dauerte der Brennvorgang - eigentlich eher ein Schwelen des Feuers - in der Kalkbrennanlage. Dabei entwickelte sich viel Rauch, wogegen Anwohner immer wieder protestierten. Der Heimatforscher Gerd Minken Saathoff berichtet von einer Notiz in den Akten des Niedersächsischen Staatsarchivs in Aurich, wonach sich Anwohner einer Kalkbrennerei in Emden im Jahr 1754 über den massiven Rauch beschwerten.

   Wenn dann schließlich die letzte Torfsode verbrannt und kein Rauch mehr zu sehen war, konnte der Kalk noch nicht sofort abtransportiert werden. Es dauerte noch weitere Tage, dann erst war die Asche abgekühlt, und das Produkt konnte abgefahren werden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahm die Bedeutung von  Muschelkalk ab. Nach dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur wurde Steinkalk aus Westfalen eingeführt.

Über viele Jahrzehnte hinweg war Muschelkalk im Bauhandwerk kein Thema mehr. Erst im Jahr 1985 bekam die Firma Heikens & Wilts den ersten Muschelkalk-Auftrag. Wilfried Heikens erinnert sich: "Bei der Sanierung von historischen Kirchenbauten wird etwa seit dieser Zeit wieder Wert auf die originalgetreue  Rekonstruktion eines Gebäudes gelegt. Und dazu gehört im  sichtbaren  Gemäuer eben auch die Verarbeitung von Muschelkalk."

   Mitarbeiter Heinrich Zuidema - seit acht Jahren mit der Sanierung von historischen Gebäuden beschäftigt - hat das Fundament der reformierten Kirche in Hinte teilweise freigelegt. Die Feuchtigkeit hat die Fugen nahezu aufgelöst. "Was später wieder unter die Erde kommt, wird aus Kostengründen mit normalem Kalkmörtel verfugt", erläutert der Maurer.

   Muschelkalk sei nämlich teurer als normaler Kalk. Etwa 30 Mark pro Sack koste der historische Baustoff. Für etwa acht Mark sei die gleiche Menge herkömmlichen Kalks zu haben. Firmenchef Wilfried Heikens: "Kostet das herkömmliche Einfugen mit Zement pro Quadratmeter etwa 15 Mark, muß für dieselbe Dienstleistung mit  Muschelkalk 35 Mark bezahlt werden." Aber auch früher schon sei Muschelkalk ein kostspieliger Baustoff gewesen. Deshalb seien die Steine in der Regel mit Lehm vermauert und nur die Fugen mit Muschelkalk bearbeitet  worden.

   Das habe seinen guten Grund, wie Maurer Heinrich Zuidema aus Erfahrung berichtet: "Der Baustoff Muschelkalk darf nicht zu trocken gelagert werden. Noch Tage nach dem Einfügen ist auch die verarbeitete Wand feucht zu halten. Bindet der Muschelkalk zu schnell ab, dann wird er bald rissig und krümelt spätestens nach einem Jahr wieder aus den Fugen heraus."

   Dennoch:  Heinrich Zuidema macht die Arbeit mit diesem historischen Baustoff viel Freude. Der Maurer hat seine eigene Verarbeitungstechnik entwickelt, er kennt jeden Handgriff. Selbst sein Handwerkszeug    hat   er selbst gefertigt. Zu seiner Grundausstattung gehören ein "Fjeu-Iesder" (hochdeutsch: Feucht-Fugspachtel) und ein "Offriev-Stockje" (hochdeutsch: Abriebstock). Bis zum Ende des Herbstes noch wird die Sanierung des Hinter Kirchenbaus in Anspruch nehmen. Dann wird die reformierte Gemeinde wieder ein Gotteshaus ganz im ursprünglichen Baustil sein Eigen nennen können.

Quellen:

Hermann Soeke Bakker: Blütezeiten der Wattfischerei. In: Unser Ostfriesland 1973

 Wilhelm Connemann: 200 Jahre Firmengeschichte. Leer 1950

Ludwig Nannen: Von Moorpionieren, Kolonisten und Fahrensleuten:

Hundert Jahre Idafehner Siedlungsgeschichte. In: Friesische Blätter 1971

Gerd Mimken Saathoff: Schill - Grundstoff aus dem Meer. In: Der Deichwart 1989

siehe auch im Text über Westrhauderfehn

Ein weiterer link muß bei der Beschreibung "Lage Torf, Lage Schill" am Schluß des Artikels (Nannen) - link hin zu: rhaude/ Umland/ Westrhauderfehn/ KalenderBilder zu Westrhauderfehn: dort das Juni-Bild von 1982 muß mit einem link hierher verbunden werden!

Siehe auch: Presse: UO Nr. 2, Bau der Nortmoorer Kirche!!!!!!!!!

Der Muschelkalkofen am Falkenhammer Weg in Esens ist ein anerkanntes Denkmal.

Sehr klein, aber auch ein Denkmal: ein Kilometerstein an der Bundesstraße 210 in Willen.

Auch ein Kilometerstein kann ein Stück Geschichte sein

Landesamt für Denkmalpflege erklärt 422 Gebäude zu Baudenkmalen

 Von Tatjana Gettkowski (OZ/Emden v. 15.12.00)

   Kreis Wittmund. Sie sind nicht immer prunkvoll und auffällig. Manchem sind sie gar ein  Dorn im Auge. Doch sie sind allesamt Relikte vergangener Zeiten und daher schützenswert: die Baudenkmale im Landkreis Wittmund. Das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege hat sein Denkmalverzeichnis für den Kreis jetzt überarbeitet, und das umfasst nun 422 Baudenkmale und Objekte. Alle Eigentümer dieser Denkmale sind angeschrieben und über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt worden.

   Neben staatlichen und herrschaftlichen Gebäuden wie unter anderem der Sielhof in Neuharlingersiel, das Kreishaus in Wittmund oder die Amtsgerichte in Wittmund und Esens, finden sich 23 Kirchen, eine Synagoge, 18 Glockentürme, 24 Friedhöfe, vier Pfarrhäuser, zwölf Mühlen, vier Brücken und sieben Kriegerdenkmale auf der Liste. Längst nicht alle sind Gebäude. Vier Kilometersteine an der Chaussee zwischen Wittmund und Aurich und in Collrunge oder ein hölzerner Grenzpfahl in Horsten stehen ebenfalls auf der Liste.

   "Die meisten Baudenkmale waren uns durch frühere Erfassungen schon bekannt", erzählt Dr. Angelika Geiger. Die Historikerin ist beim Landesamt für Denkmalpflege in Hannover zuständig für die Erfassung und Fortschreibung der Denkmalverzeichnisse. Sie hat eine Reise durch den Landkreis gemacht und sich weitere Gebäude angesehen. Ergebnis: sechs Sonderobjekte sind neu in die Liste aufgenommen worden.

   "Der Friedensgarten in Horsten, der 1870 für die Opfer des deutsch-französischen Krieges erstellt worden ist",  nennt die Historikerin ein Beispiel. Aber auch das Wohn-und Geschäftshaus in der Herdestraße 19 in Esens wurde in die Liste aufgenommen. Ebenso wie der jüdische Friedhof in Willen. Auch die Tankstelle am Jüchertor in Esens gehört zu den denkmalgeschützten Gebäuden.

"Bis vor 30 Jahren war diese Baugattung noch weit verbreitet. Heute sind die meisten dieser Gebäude verschwunden", weiß die Historikerin, die die Tankstelle für schützenswert betrachtet, weil diese "den Beginn der Motorisierung dokumentiert." Ein Problem dabei sei, dass das Gebäude für viele Leute noch nicht richtig alt sei. "Wir müssen trotzdem  wieder eine Wertschätzung davon bekommen, denn das Gebäude ist wirklich eines der letzten dieser Art." Umso wertvoller könnte es in späteren Jahren einmal werden.

   Die Tankstelle ist ein  Beispiel dafür, dass oft denkmalschützerische und private Interessen  kollidieren. Die Tankstelle gehört Emke Emken. Er will das Gebäude abreißen, weil er in dem Bereich Wohnungen bauen möchte. "Die Erhaltung solcher Gebäude ist für uns oberstes Gebot", erklärt Dr. Angelika Geiger. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass die Eigentümer all ihre Rechte über die Gebäude verlieren. "Sie dürfen auch nicht unzumutbar belastet werden", beschreibt Geiger die Gesetzeslage. Es gebe durchaus Steuervorteile oder staatliche Zuschüsse, die die Eigentümer für Mehrbelastungen entschädigen. Auch Veränderungen an den Gebäuden dürften durchaus vorgenommen werden. Nur sind sie eben genehmigungspflichtig.

Schill-Ofen in Idafehn,

gezeichnet von Folgert Körte

siehe auch : http://www.rhaude.de/privat/hensmanns/personen.htm #Körte

Ludwig Nannen,

Hundert Jahre  Idafehner Siedlungsgeschichte,

Folge 1 in: Friesische Blätter, (Beilage zum General Anzeiger Rhauderfehn), 8.Jhg., Nr. 6, Juni 1971,

daraus das folgende Zitat:

"Neben Material für die Bauwirtschaft einschließlich Schiffsbau lieferte Meyerhoff auch Düngemittel sowie den gebrannten Muschelkalk, der sowohl zum Kultivieren des sauren Moorbodens als auch zur Mörtelbereitung gebraucht wurde. Meyerhoff hatte eine eigene Kalkbrennanlage eingerichtet, die sich westlich seines Hauses am  Holterfehnkanal befand. Die Kanalnähe war aus vielerlei Gründen notwendig, weil die Rohstoffe - Herz- muschelschalen und Torf - nur per Schiff angefahren werden konnten. Mit dem Fertigprodukt war es nicht anders; denn auch der gebrannte Muschelkalk wurde, soweit nicht: an Ort und Stelle verkauft, wieder auf dem Wasserwege nach auswärts verfrachtet. Die Muschelschalen - kurz Schill genannt - wurden mit Tjalken von den Muschelbänken vor der ostfriesischen Inselküste geholt.

   "Wat dampt doar denn so" - "Meyerhoffs sünt an't Kalkbrannen"

   Die Anlage zum Kalkbrennen bestand im wesentlichen aus einer runden Schutzmauer von ca. 1,50 Meter Höhe, die nach einer Seite hin geöffnet war. Bevor man mit dem Einfüllen von Torf und Schill begann, wurde in der Mitte des Innenraums der "Schornstein" gebaut, der aus losen Torfsoden bestand und während der Beschickung langsam mit hochgestapelt  wurde. Zum Kalkbrennen wurden große Mengen Brenntorf benötigt, allerdings nicht die besten Sorten, sondern der minderwertige Splinttorf. Die Einfüllung erfolgte schichtweise, angefangen mit einer dicken Lage Torf, darauf eine Lage Schill, und dann Schicht um Schicht bis zum oberen Rand der Mauer. Dann erhielt das Ganze noch einen Aufbau, der sich bis zur Spitze treppenartig verjüngte. - Jetzt war die Anlage  soweit hergerichtet, daß der Ofen angezündet werden konnte. Dies geschah, indem man einen Behälter mit glühenden Kohlen von oben in den "Schornstein" schüttete.

   Eine  solche Kalkbrennanlage brannte in der Regel 8 bis 12 Tage und verursachte eine enorme Rauchentwicklung. Während dieser Zeit mußte wegen Feuergefahr die Brennerei Tag und Nacht bewacht werden. Wenn dann  schließlich die letzte Torfsode verbrannt und kein Rauch mehr zu sehen war, dauerte es immerhin noch mehrere Tage, bis der übriggebliebene Kalk mit der heißen Asche soweit abgekühlt war, daß das fertige  Produkt mit Schiebkarren ausgefahren werden konnte. Wenn dann die teilweise noch ganzen Muschelschalen in heißem Zustande mit Wasser besprengt wurden, zerfielen sie zu feinem Kalkstaub.

Schillfänger. Nach einer Zeichnung von Poppe Folkerts, Norderney

Rüdersdorfer Kalkofen (Querschnitt und Grundriß).

In einem Artikel von Dr. Heide Braukmüller, "Schillfang und Kalkbrennereien in Ostfriesland. Muschelkalk als Mörtel.  Gewinnung und Verarbeitung in früherer Zeit", veröffentlich in: Unser Ostfriesland (Beilage zur OZ), Nr. 23 v. 24.11.1999, heißt es auf Seite 86:

"Bekannte Schillfänger waren damals die "Immanuel" aus Neuharlingersiel, die "Capelle" und die "Pionier" aus Westrhauderfehn."

   Leider schreibt Frau Dr. Braukmöller in ihrem Artikel nicht, woher sie die Angaben über die beiden Westrhauderfehner Schillfangschiffe hat. - Mir sind dies Mutten oder Tjalken bzw. deren Kapitäne bislang nicht aufgefallen (vielleicht genannt im 3. Band des "... und fuhren weit übers Meer"  von Karl-Heinz Wiechers? Band III: Die Fehne. Norden 1994. ISBN 3-922365-44-2, 107.-- DM).

   Mir ist nur die Muschelfangflotte des Kapitäns Schaa aus Ostrhauderfehn bekannt, der  seine Anlagen in Westrhauderfehn neben der Janssen-Werft aufbaute, dann aber später zur Küste verzog (siehe Fehntjer Kurier-Artikel beiwww.michaeltillheinze.de ).

Schillfang und Kalkbrennereien in Ostfriesland.

 Von Dr. Heide Braukmüller

   Zum Vermauern von Ziegelsteinen wird ein Bindemittel benötigt. Dazu verwendet man in der Regel Fertiggemische, die u. a. Kalk-, Sand- und Zementanteile enthalten und dauerhaft sind. Das war nicht immer so. Lehm oder Lehm- mörtel z. B, verarbeiten die Menschen schon, als sie begannen, feste Wohnungen zu bauen. Dieses Baumaterial findet noch heute u. a. in Marokko und verschiedenen Ländern der Dritten Welt Verwendung. Im Alten Reich der Ägypter benutzten die Bauhandwerker bei den Pyramidenbauten Gips als Mörtel. Dieses Bindemittel war in Ostfriesland nicht vorhanden, wohl aber das Vermauern von Ziegeln mit Lehm.

   Diese Verfahrensweise in den Küstengebieten der südlichen Nordsee fand  im Großen und Ganzen Ablösung durch die Verarbeitung von Baukalk, der vornehmlich aus Muschelschalen hiesiger Wattengebiete gewonnen wurde. Daneben benutzte man bis Anfang dieses Jahrhunderts weiterhin  Lehmmörtel, z. B. im Rheiderland beim Bau der kleinen Landarbeiterhäuser. Deren Außenmauerwerk bestand aus Ziegeln, der Verbund aus Lehm, die Fugen aus weißem Muschelkalk. Einfachste Behausungen wiesen aus  Kostengründen lediglich belehmte Wandungen auf, wie die Katen in Moordorf bei Aurich. Der Mauerkalk aber erweist sich als dauerhafter und widerstandsfähiger gegenüber den unterschiedlichen  Witterungseinflüssen.

   Der Beginn der Verarbeitung von Muschelschalen zu Kalk ist für die hiesige Region zeitlich nicht genau auszu- machen. Es läßt sich wohl sagen, daß im Jahre  1546 eine Emder Stadtrechnung einen Posten Torf zum Brennen von Muschelschalen für den Neubau des dortigen alten Rathauses ausweist. Auch beim neuen Rathaus, das in den Jahren 1574 bis 1577 entstand, wurde  Muschelkalk verwendet. Im Rheiderland wie auch im übrigen Ostfriesland steht kein Kalkgestein an. Die Verkehrsverhältnisse zu solchen Rohstofflagern, z. B. nach Westfalen, erwiesen sich früher als recht  schwierig, demnach auch zu kostspielig. So war man hierzulande auf die Gewinnung von Kalk aus Schill (nd.: Schille, Nünen, Kipkes, Kapkes, Schannelke) angewiesen.

   Schill (zoolog.:  Konchylie), auch Bruchschill genannt, ist eine gesteinsbildende Anreicherung von ganzen oder zer- brochenen Schalen abgestorbener Muscheln, Schnecken, Krebsen wie anderer Organismenhartteilen. Er lagert z.  B. vor der ostfriesischen Küste und in den Flussmündungen. Schillanreicherungen entstehen durch Strömung als An- häufung auf dem Boden des Wattenmeeres, der Seegaten oder vor den Inseln und hier auch, durch  Brandung bedingt, im Strandbereich. Es können sich reichhaltige Depots bilden, deren Ausbeute sich lohnt. Früher waren sie so kostbar, dass im 18. Jahrhundert Übergriffe niederländischer Fischer auf die reichhaltigen ostfriesischen Schillbänke vorkamen.

   Für Ostfriesland galt der Rohstoff Jahrhunderte hindurch als überaus gewinnträchtig, denn er fand Verwendung als Futterkalk,  Düngemittel (im Besonderen zur Kultivierung der Moore) und Maurerkalk. Dieser entstand hierzulande durch das Brennen von Schill. Das geschah wie bei der Ziegelherstellung mit Grautorf, der aus den Fehnen auf kleinen flachbodigen Frachtschiffen angefahren wurde, so wie es auch bei der Ziegelherstellung alten Stils der Fall war.

   Die Kalkbrennereien (nd.: Kalkwarfen) oder Schilkereien suchten als Standort die Nähe guter Transportmöglich- keiten. So lagen sie meist an Wasserstraßen und befanden sich an vielen Hafen-, Siel- und Fehnorten in Ostfriesland, so z. B. in Rhauderfehn, Weener, Jemgum und Ditzum. Hier konnten die Grundstoffe Torf und Muschelschalen ge- löscht und wie die Fertigware Kalk geladen werden. Die Angaben über die Anzahl der Betriebe schwanken. Nach Arends, Fr.  (Ostfriesland und Jever, Emden, 1818) gab es um 1820 in Emden vier Anlagen, in Leer drei, in Weener zwei, in Norden; über Greetsiel heißt es: "(...) kaum andere als Schiffe mit Torf, Sand und  Muschelschalen laufen ein."

Und de Vries, J. Fr. (Ostfriesland: Land und Volk in Wort und Bild, Emden 1881) gibt für Ostfriesland insgesamt 30 Kalkbrennereien an. In Ditzum erinnert heute noch ein Flurstück, nämlich die "Kalkwarf" an diese Zeit und in Emden gibt es eine so genannte Straße. Einen Schillverarbeitungsbetrieb größeren Umfanges gab es z. B. in Norden (seit 1893) und Leer (seit 1926). Sie verarbeiteten den Grundstoff zu Futter- und Düngekalk.

   Das Brennen der Muschelschalen zu Baukalk geschah zunächst im Freien, nämlich in Gruben, Meilern oder,  ähnlich dem Backstein-Feldbrand, in Feldöfen. Dieses Verfahren erfuhr in der hiesigen Region große Verbreitung. Verbessert wurde die Brenntechnik in aufgemauerten runden Öfen, den sogenannten Kalk- oder  Turmöfen, die sich nach oben hin zu einem Schornstein verjüngten. Alle genannten Ofentypen arbeiteten periodisch. Es bestanden aber auch konti- nuierlich brennende Einrichtungen - ähnlich den  Ziegelei-Ringöfen. Eine Beschreibung des Feldofenverfahrens gab uns Johann Conrad Freese (Ostfries- und Harlingerland nach geographischen, topographischen... Verhältnissen, Aurich, 1796). "Man nennet den wechselweise geschichteten Torf und Schille, ein Schillfeuer, welches dergestalt angelegt wird, dass man erst eine Lage oder Schicht Torf (Grautorf), dann zwei Hand hoch Schille oder Muscheln, dann  wieder zwei bis drei Reihen Torf und darauf wieder Muscheln, bis zur gehörigen Höhe aufgethürmet und oben etwas spitz zulaufen lässet." Das geschah auf einer freien Fläche im Rechteck oder Kreis im  Ausmaß von 10 bis 16m.

   In diesem Ofen befanden sich waagerecht liegende Schürgassen, meistens 4 bis 6. Sie mündeten strahlenförmig in den Abzugsschacht, der beim Einrichten der Anlage in der Mitte freigelassen worden war. Die Öffnungen der Schür- gassen (Schür- oder Mundlöcher) konnten je nach Bedarf geschlossen oder geöffnetwerden. Um die Luftzirkulation optimal zu gestalten,  nahmen die Kalkbrenner dafür Reisigbündel oder Holzklappen. So regulierten die Kalkbrenner das Feuer. Bei Fertigstellung erreichte der Aufbau bei etwa 10 bis 12 Schichten 2 m Höhe. Es wurde, wie beim Ziegelfeldofen, mit Grassoden belegt oder mit Erde bedeckt, um u.a. die Hitze im Einsatz zu halten.

   Die Arbeiter legten das Feuer so, indem sie zwei bis drei Eimer Torf in den Schornstein packten, ebenso in die Luft- kanäle. Diese wurden jeweils schon beim Anlegen mit Torfgrus, Holz oder Reisig und Torf bestückt. Das Brennmate- rial entfachten die Kalkbrenner später auch wohl mit  Hilfe von Petroleum. Der Produktionsvorgang erforderte dring- lich ein mäßiges Anfeuern des Einsatzes und ein umsichtiges Brennen. Nach vier bis fünf Tagen, spätestens nach einer Woche, war der Brennvorgang  abgeschlossen. Dann nämlich war der Schill sozusagen gar. Als Ergebnis lagen die weiße Asche des Torfs und der Muschelkalk vor. Zwölf Stunden nach Erlöschen des Feuers konnte dieser abgebaut werden. Der Branntkalk lag nun zum Vertrieb klar. Für seine Verwendung als Mörtel mußte er dann noch mit Wasser gelöscht und mit Sand angereichert werden. Feinster Kalk diente zum Tünchen der Wände (nd.: Wittekalk).

   Ahnlich ging der Vorgang im festen Ofen, dem sogenannten Turmofen, vor sich, der nach und nach das Brennen auf dem freien Feld ablöste. Diese Anlage war einfacher zu handhaben, ergab  bessere Qualität und das bei höherem Aus- stoß. Der Turmofen fuhr deshalb einen wesentlich größeren Gewinn ein.

   Diese althergebrachten Kalkherstellungen waren in Ostfriesland bis  zum Beginn dieses Jahrhunderts üblich. Günsti- gere Verkehrsmöglichkeiten nach Westfalen machten dann die Einfuhr des dort abgebauten Kalks nach Ostfriesland möglich, und die hiesige Schillbrennerei kam dadurch allmählich zum Erliegen.

   Jahrhunderte hindurch stellten die Schillfischerei wie auch die Kalkbrennerei für Ostfriesland einen nicht unbedeuten- den Wirtschaftszweig dar, der  überdies im Küstenbereich und entlang den Wasserstraßen vielen Kalkbrennereien Lohn und Brot bot.

   In der Regel betrieben vermögende Kaufleute die Kalkbrennereien und die Arbeiter  kamen wie bei der Backstein- herstellung aus der Fürstentum Lippe. Vom 16. bis 18. Jahrhundert war die Muschelfischerei für die ostfriesischen Inseln wie auch für das nahe Küstengebiet ein gewinnbringendes Gewerbe. Später erwies sich der Schill auch für die Fehnschiffer, die mit ihren "Torfmuttjes" die Inseln mit Torf belieferten, als Rückfracht recht einträglich. Im Watt ging der Muschelabbau während der günstigen Ebbezeit vor sich, wenn die Bänke frei lagen. Daran beteiligten sich in großem Maße die ostfriesische Kleinschiffahrt von den Inseln, aus den Küstenoder Flusshäfen, hier dann Schillschiff- fahrt genannt. Kleine flachbodige Segler, die Schillkers mit 10 bis 30 Last waren im regen Einsatz tätig. Dem Schiffer zur Seite stand im allgemeinen ein Knecht bzw. seine Ehefrau oder ein  erwachsener Sohn, dazu in der Regel ein Knabe. Bei Schillfahrten erhöhte sich die Besatzung meistens um einen Fahrensmann.

   Auf den Inseln trugen zunächst vornehmlich Frauen die Last  des Muschelabbaus (ndt: Schillen). Diese Muschel- fischerinnen mit ihren hochgeschürzten Röcken waren an den Stränden der Ostfriesischen Inseln eine bekannte Erscheinung. Während der Ebbezeit stachen sie mit  einer etwa 30 cm langen und 50 cm breiten eisernen Forke (Schillgabel, nd.: Schillförk) die Bänke im nahen Wattengebiet der Inseln ab und schöpften die "Schille" in Weiden- körbe oder Kisten  (Wasche), deren Boden aus fingerdicken, gleichgerichteten Weidenruten bestand. Das Frei- waschen der Ernte von Sand geschah im nahen Priel durch das Schwenken der Behälter und das auch während der Nachttide. Auch an den Stränden verrichteten die Insulanerinnen die schwere Arbeit. Das Schillgraben wie auch die Schillwäsche erforderte viel Kraft und Mühe.

   Die Fehntjer Schiffer, auch die professionellen "Schillfänger", stachen wie die Inselfrauen die Muscheln ab. Sie gingen bei günstigen Tideverhältnissen an den Muschelbänken, die sie bei Niedrigwasser mit einer Bake gekenn-  zeichnet hatten, vor Anker und ließen ihre Schiffe trockenfallen. Sie hatten es aber einfacher als die Insulanerinnen, weil sie die gefüllten Waschen, die sie während der Zeit niedrigen Wasserstandes an die  Großbäume ihrer Lastschiffe hängten, nicht zu tragen brauchten. Bei auflaufendem Wasser, bis es ihnen zu den Knien stand, schwenkten sie die Behälter so leichter durch das Wasser und hievten die Ernte dann an Bord. In drei bis vier Tagen etwa waren die Segler vollgeladen.

   Bekannte Schillfänger waren damals die "Immanuel" aus Neuharlingersiel, die "Capelle" und die "Pionier" aus West- rhauderfehn. Ende des 19. Jahrhunderts kamen die "Schillsuger" auf, die die Muschelschalen mit Maschinenkraft durch ein Rohr in den Laderaum beförderten. Durch diesen Schillfang erfuhr die hiesige Baukalkgewinnung noch einen Aufschwung, kam aber dennoch aufgrund der günstigen auswärtigen Konkurrenz zum Erliegen. Künftig galt die Aus- beute der Dünge- und  Futterkalkverwertung. Zu den Hauptabnehmern gehörte u. a. die Kalkmühle J. Connemann in Leer.

   Bis heute wird vor den Küsten Ostfrieslands, in der Jade und im niederländischen  Wattengebiet Schill abgebaut - allerdings mit Hilfe moderner Saugbagger. Der letzte Schillsauger an der Ems war die "Fünf Gebrüder", die Ditzum als Heimathafen hatte.

   In  jüngster Zeit steht der Abbau und die Verwendung von Schill aus der Emsmündung in der Presse wieder zur Diskussion. Es geht dabei nicht um die Herstellung von Kalkmörtel, sondern um die Nutzung des  Rohstoffes aus dem Meer zu Naturbausteinen, Wegebaumaterial und als Futterkalk und Düngemittel. In den Niederlanden ist der Abbau des Schills und dessen Verwendung nie aufgegeben worden.

Zu obigem Bild über die Meyerhoffsche Kalkbrennerei: Folgert Körte aus Ostrhauderfehn zeichnete mit dem Kohlestift den runden Brennofen, in dem Muschelkalk gebrannt wurde:

Familienblatt:
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Ehemann: Folgert Körte, Werftarbeiter in Wilhelmshaven;    gestorben mit: 94
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geboren: 17.03.1904      in: Westrhauderfehn
getauft:   17.04.1904      in: Westrhauderfehn                            (1)
gestorben: 11.10.1998      in: Ostrhauderfehn                             (2)
begraben:  16.10.1998      in: Ostrhauderfehn                             (3)

Vater: Folgert Körte;  - Mutter: Renskebina Schmidt


      genannt "Onkel Folli"; malte für den Gesangverein die Bühnenbilder für die Theaterabende im Winter; malte auch sonst Ölbilder. - Werftmaler in Wilhelmshaven, ab 1952 Koch auf dem Borkumdampfer "Hessen"; ab etwa 1964/65 bei Opti in der Färberei. - Taufname im KB "Folkert" geschrieben !!
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Heirat amtl.: 08.11.1930      in: StA Ostrhauderfehn   (er mit: 26, sie mit: 23)
         kirchl. 08.11.1930      in: Ostrhauderfehn
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Ehefrau: Wilhelmine Johanne Hensmanns , gestorben mit: 92
geboren: 10.07.1907      in: Ostrhauderfehn
getauft:    ??.07.1907      in: Ostrhauderfehn
gestorben: 27.03.2000      in: Ostrhauderfehn
begraben:  30.03.2000      in: Ostrhauderfehn                          (4)
                 genannt "Wilma" oder "Tant Mimi". -
Vater: Johann Hensmanns
Mutter: Wilhelmina Johanne Erdwiens
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F Kind 1  Rita Beate Körte;      Beruf: Krankenschwester;
geboren:     00.00.1934      in: Ostrhauderfehn

Gatte:   Hinderk Ulferts,   * 14.08.1925;   + 08.07.1992
Heirat amtl.:  15.07.1961      in: StA Ostrhauderfehn
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M Kind 2  Wilhelm Johann Körte,  Realschulkonrektor in Oldenburg
geboren:     circa 1938      in: Ostrhauderfehn
              
Gatte:   Erika Leimbach  #716   * circa 1940 
Heirat amtl.:  circa 1964      in: wo?

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ostfehn

holtermoor

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