gebäude

pastoren

gemeinde

konfirmat.

Kreuz – Schwan - Hahn

(aus: GA v. 1.4.1989)

   Christian Schulz aus Königsbach-Stein l sind anläßlich seines Urlaubsaufenthaltes an verschiedenen Orten des Overledingerlandes die vergoldeten Schwäne auf den evangelischen Kirchtürmen  aufgefallen. Er konnte dazu in mehreren Gesprächen nichts  erfahren, rief dann die Redaktion vom  "General-Anzeiger" an und erhielt entsprechende Auskunft. Da er annimmt - und wir stimmen dem zu - daß viele um diese Besonderheit nichts Genaues wissen, geben wir gern eine Darstellung weiter, die der  Landessuperintendent der ev.-ref. Kirche in Leer, Walter Herrenbruck, schrieb.

   Der vergoldete Schwan auf Kirchtürmen oder Kirchen ist eine norddeutsche Besonderheit. Es hat damit folgende Bewandtnis: Bei dem Konzil von Konstanz Anfang des 15. Jahrhunderts wurde der tschechische Reformator Jan Hus verurteilt und unter Bruch der von Kaiser Sigis-mund gegebenen Zusicherung freien Geleits als Ketzer verbrannt. Auf dem Scheiterhaufen soll er - nach einer späteren Legende - gesagt haben: "Ich bin nur eine arme Gans (tschechisch: Hus); aber nach mir wird ein Schwan kommen, den werdet ihr nicht rösten können."

   Dieser angebliche und, wie gesagt, legendarische Ausspruch des Jan Hus ist sehr viel später auf Martin Luther bezogen worden. In dem Sinne, er sei der von Hus prophezeite Schwan, den die Kirche nicht mehr werde unterdrücken können. In Aufnahme dieser Legende findet man in Norddeutschland einen Schwan auf den Kirchtürmen.  Selbstverständlich nur auf evangelisch-lutherischen Kirchtürmen!

   In diesem Zusammenhang noch ein weiterer Hinweis: Die Turmbekrönung gestaltet in der Regel einen Ruckschluß auf die Konfession, zu der dieses Kirchengebäude gehört. In Norddeutschland ist es so: katholische Kirchen führen das Kreuz; ebenso auch Kirchen der freikirchlichen Gemeinden, z. B. Baptisten oder Methodisten; evangelisch-lutherische Kirchen führen den Schwan; und wenn man eine Kirche mit einem Hahn findet, dann gehört sie zur evangelisch-reformierten Kirche. Die ev.-ref. Kirche ist bekanntlich von der  Schweizer Reformation Zwinglis und Calvins geprägt. Von der Schweiz aus hat sie sich, über Frankreich und die Niederlande, in (Westdeutschland ausgebreitet. Der Wetterhahn erinnert an diesen Weg (der "Gallische Hahn").  Vermutlich waren aber viele jetzt evangelisch-reformierte Kirchen schon im Mittelalter mit einem Hahn bekrönt; das war das Zeichen des Papstes (Hahn von St. Peter). Man hat den Hahn dann als "Wetterhahn” auch auf reformierten Kirchen geduldet und später seine ursprüngliche Bedeutung wohl schlicht vergessen.

   Mit dem Verweischarakter des Hahns auf Petrus und damit den Papst hängt es zusammen, daß man, wenn man außerhalb  Norddeutschlands einen Kirchturm mit einem Hahn bekrönt sieht, in der Regel davon ausgehen kann. daß es sich eine katholische Kirche handelt, während das Kreuz meist auf eine evangelische Kirche schließen läßt. So kompliziert ist  das Kirchenwesen: in Norddeutschland ist der Hahn evangelisch-reformiert; im Rest der Welt eher katholisch. Das Kreuz hingegen bezeichnet meist eine evangelische Kirche, in Norddeutschland jedoch eine katholische. Und der Schwan  ist ganz eindeutig evangelisch-lutherisch.

   Übrigens findet man in alten Handels- und Seefahrerorten oftmals eine Kogge als Turmbekrönung. Und wenn ein Turm (nie: eine Kirche) ein Pferd trägt, dann hat der Turm ursprunglich nicht der Kirchengemeinde,  sondern dem Staat gehört ("Niedersachsenroß"). Und ganz vereinzelt findet man bei uns auf den Türmen sogar noch ein "Seewiefke", also eine Nixe. Das ist ein  ganz altes heidnisches Symbol - da sieht man, wie schwer es der christliche Glaube bis heute hin hat. sich durchzusetzen. Sogar auf Kirchtürmen - wieviel mehr erst in den Herzen!

 

Das Pfarrhaus zu Rhaude

Rein äußerlich hebt es sich mit seinen weißen Fensterrahmen, der irgendwie "vornehm" wirkenden Türpartie und der Schiefereindeckung von den behäbigen Bauernhäusem der Umgebung ab, und ebenso wie die ehrwürdige Kirche zieht  auch das im altostfriesischen Stil erbaute Rhauder Pfarrhaus die Blicke der Vorbeifahrenden auf sich. Aber der Eindruck täuscht: Der bauliche Zustand des Hauses, an dessen Giebelwand eine Bronzetafel daran erinnert, daß hier der große Arzt und Helfer Johann Christian Reil geboren wurde, läßt alle Wünsche offen.

Vor 25 Jahren  (GA v. 7.2.2000)