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Werner Siemer, der früher selber als Maurer gearbeitet hat, zeigt hier, wie ein sogenannter (Mörtel-) "Vogel" auf der Schulter getragen wurde. Foto: Groeneveld (GA v. 22.2.2001) Was ist bloß ein "Vogel"? Arbeitskreis Heimatforschung traf sich zu erster Sitzung im neuen Jahr OSTRHAUDERFEHN. Zu ihrer ersten Zusammenkunft im neuen Jahr trafen sich vor kurzem fast 40 Mitglieder des Arbeitskreises "Familiengeschichtliche Heimatforschung im Overledingerland" im Fehnhaus an der 1. Südwieke in Ostrhauderfehn. Als erstes beschäftigte sich der Arbeitskreis mit dem Thema "Ländliches Bauen im Overledingerland". Hierbei wurde vor allem der Entwicklung vom Kolonistenhaus bis zum Gulfhaus Beachtung geschenkt. Anhand eines Auszuges aus dem Adressbuch des Jahres 1926 wurde ersichtlich, in welchen Dörfern von Burlage bis Potshausen und Ostrhauderfehn bis Völlen welche Handwerker wohnten und arbeiteten. Dadurch wurde auch deutlich, wie viele Menschen in früheren Zeiten im Bauhandwerk in Lohn und Brot standen. Viele der Arbeitskreismitglieder wußten noch aus eigener Erfahrung über die für heutige Verhältnisse umständliche Art der Kalkgewinnung in den damals üblichen (Brand-) Kalkgruben zu berichten. Förderbänder gab es auch lange Zeit nicht. Die Steine mußten mühsam mit einem Setzbrett auf das Baugerüst in bis zu zehn Meter Höhe getragen werden. Manchmal bildeten die Arbeiter auch eine Art Stafette, in welcher die Steine mit einer langen Forke auf das nächst höhere Gerüst geworfen wurden. Der sogenannte "Plegsmann" hatte dabei eine schweißtreibende Schwerstarbeit zu leisten, damit die Maurer weiterarbeiten konnten. In diesem Zusammenhang erzählten einige der Anwesenden von einem sogenannten "Vogel". Hinter diesem Fachbegriff der Maurerzunft verbirgt sich ein rechteckiger, aus Metall oder Zinkblech (später Kunststoff) hergestellter Kasten, mit dem früher der Kalkmörtel von einem Tragebock zum Baugerüst hochgetragen wurde. Woher dieser Fachbegriff "Vogel", der mehreren Arbeitskreismitgliedern nicht bekannt war, abgeleitet ist, läßt sich nicht mehr feststellen. Zudem scheinen alle dieser alten Geräte im Rahmen der Modernisierung verschwunden zu sein. Dann besprach der Arbeitskreis die Fotos des diesjährigen Heimatkalenders. Angesichts der Aufnahmen, die meist aus der Zeit nach der Jahrhundertwende stammen, wurde der Werdegang einstmals bekannter Stellen unserer Ortschalten bis in die Gegenwart verdeutlicht. So ließ beispielsweise Willi Luikenga die Geschichte einiger Geschäfte des Westrhauderfehner Untenendes aus seiner Erinnerung heraus Revue passieren. |
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Sie fachsimpeln über die Geheimsprache der Viehhändler: Landwirt Hillrich Hillrichs aus Carolinensiel und Sprachforscher Dr. Klaus Siewert.Foto: H. Janssen Auf der Suche nach dem "Viehhändlerisch” Sprachwissenschaftler Dr. Klaus Siewert forscht von Carolinensiel aus nach Resten einer alten Geheimsprache Beim Kauf von "Beheimen" (Kühen) benutzten Viehhändler untereinander gern eine eigene Sprache Von Heidi Janssen (OZ/E v. 24.2.2001) Carolinensiel. Landwirt Hillrich Hillrichs aus Carolinensiel kann sich erinnern, daß der Viehhändler ihm früher seine Rinder auch mal "ruse" abgekauft hat. Gebrauchtwagenhändler würden es wohl "gekauft wie besehen" nennen. Das Wort findet sich auch auf der Liste von Dr. Klaus Siewert wieder. Es ist eines von rund 500, die er schon klar der Viehhändlersprache zuordnen kann. Der Sprachwissenschaftler der Universität Münster hat zurzeit die Meeresbiologische Wattstation der Hochschule in Carolinensiel bezogen. Als international anerkannter Fachmann für Geheimsprachen will Siewert in Ostfriesland Reste dieser inzwischen fast vergessenen Viehhändlersprache aufstöbern. "Geheimsprachen sind nicht mit Mundart zu verwechseln. Die fließt vielleicht mit ein. Ziel von Geheimsprachen ist es, Dritte von der Verständigung auszugrenzen", erklärt Siewert. Die Gründe dafür waren nicht immer lauter. "Natürlich diente es auch dazu, die Leute zu übervorteilen." Sie schütze allerdings auch die Sprecher. "Die Viehhändler hatten schließlich auch eine Menge Bargeld bei sich, und früher gab es noch keine Geldbomben." Wenn sich dann ein Händler mit einem anderen zum Beispiel über "mei schuck" unterhielt, wußten nur Eingeweihte, daß es um hundert Mark ging. Den Vorwurf der "Gaunersprache" weist er von sich: "Schlechte und gute Menschen sind überall zu finden." Viehhändler machen keine Ausnahme. Unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen haben sich Geheimsprachen ausgedacht, ob Viehhändler, Mausefallenhersteller in der Eifel oder Korbflechter in Münster. Das Prinzip ist bei allen dasselbe: Bestimmte, für die Sprecher wichtige Ausdrücke, werden durch so genannte Verdunklungsworte ersetzt. Wer zum Zirkel der Eingeweihten gehört, kennt diese Worte. Der Rest versteht nur Bahnhof. Geheimsprache macht nicht an regionalen oder internationalen Grenzen Halt. Den Satz: "Ich geb beis meis schiwwen schuck für die beheime" hat der ostfriesische Viehhändler wohl ebenso verstanden wie bayrische oder auch holländische Händler, vermutet Siewert. Übersetzt heißt es: "Ich gebe dir zweihundertsiebzig Mark für die Kuh." Ziel der Forschungsarbeit von Klaus Siewert ist, die Bewahrung dieser alten Geheimoder Sondersprachen, wie sie wissenschaftlich genannt werden. "Die Deutsche Sprache hat es nie gegeben und wird es nie geben. Sie ist und war immer ein Gefüge." Bruchstücke dieses Gefüges möchte der Sprachforscher retten, bevor sie unwiederbringlich verloren sind. "Mit der Viehhändlersprache sind wir spät dran. Spätestens in 20 Jahren ist sie tot." Der Dozent und die Studenten der Arbeitsstelle Sondersprachenforschung möchten ein Wörterbuch der Viehhändlersprache herausbringen. Sondersprachen sind aber nicht auf die Vergangenheit beschränkt. "Es gibt auch aktuelle Beispiele wie die Sprache der Taxifahrer. Oder in der Drogenszene wird auch Sondersprache verwendet." Letzterer versuchen die Münsteraner in Gesprächen mit Ex-Junkies auf die Spur zu kommen. Verdeckt ermittelt wird nicht. "Das wäre unredlich", findet Siewert. Und außerdem viel zu gefährlich. "Ich habe einen japanischen Kollegen, der untersucht sogar die Sprache der japanischen Mafia, der Yakuza. Von dem habe ich lange nichts mehr gehört. Ich hoffe, daß ist kein schlechtes Zeichen". |